1995: OH DU NIMMERSELIGE ZEIT
Mit dem Plakettensujet 1995 griff Flavia Travaglini ein im wahrsten Sinne des Wortes heisses
Thema auf. Konkret ging es um den Sondermüllofen, der in Rüti geplant wurde. Wenn dabei
auf den ersten Blick der Eindruck entstehen könnte, die Plakette behandle kein Büren Thema,
so trügt dies. Sie zeigt nämlich, dass Büren infolge dieses gigantischen Ofens seine bisherige
Zentrumsfunktion verliert. Es sind nämlich nicht mehr die Türme von Büren, die alles überragen
und damit die höchsten Werte darstellen. Nein, es ist dieser Monsterschlot von Rüti,
der alles überragt. Zugleich setzt er auch alles und alle in den Schatten, besser gesagt in
Nebel und Rauch. Was haben das Türmliwiler Schulhaustürmchen als Symbol der Bildung,
was das Schlosstürmchen als Symbol der Gerechtigkeit und was der Kirchturm als Symbol
der Verständigung und der Hoffnung auf eine bessere Welt noch verloren? Was Büren bleibt,
ist der schädliche Rauch und der vorbeibrausende Schwerverkehr, der dem «unersättlichen»
Ofen seine giftige Nahrung herbeischleppt.
Die Künstlerin stellte das Projekt dieses Ofens aber noch in einen weit grösseren Zusammenhang:
vor rund 150 Jahren litt diese Gegend unter der Pein des Hochwassers und war
entsprechend verarmt. Erst die Juragewässerkorrektion bereitete dieser Not ein Ende. Das
Land begann aufzublühen und sich zu entwickeln. Aber mit der Zeit, wenn es den (oder mindestens
gewissen) Leuten zu gut geht, dann werden sie vergesslich und übermütig. Projekte
wie diese Müllverbrennungsanlage sind die Folge. Mit andern Worten: Musste man früher bei
uns das Wasser fürchten, so ist es heute die Luft. So gesehen ist längst nicht alles nur ein
Segen, was von oben kommt. Über alles ragt nämlich der Nimmerselig, und er wird seinem
Ruf im wahrsten Sinne des Wortes gerecht. Er verkörpert die üblen Kräfte, die am Werk
sind. Zur Vertuschung der Wahrheit tragen sie eine Maske und halten die Hände über alles.
Die Handschuhe schützen sie davor, die Finger zu verbrennen. Hinter der Maske aber wird
ersichtlich, dass ihr Kopf mit purem Stroh gefüllt ist.