Millenniumwechsel (oder als der Stier zum Zebu mutierte)
Wie seit einigen Jahren wieder zur Tradition geworden ist, feiern die Bürener oder besser gesagt die «Türmliwiler» alljährlich ihr «Nöijohr».Es beginnt damit, dass sich Gruppen mit Lärminstrumenten ausgerüstet am 1. «Jänner» um 5 Uhr morgens versammeln und mit Ach und Krach durch die Strassen und Gassen ziehen. Nach vollendetem Werk gibt es zur Belohnung eine heisse Mehlsuppe und Brot. Ist dies vertilgt, begibt sich manch einer zur wohlverdienten Ruh. Sie haben es sich auch redlich verdient, nach durchzechtem Silvester und krachmachendem Fussmarsch. Doch die Ruhe ist nicht von langer Dauer. Denn schon am Nachmittag ist es damit zu Ende. Der Umzug steht an. Um 1430 Uhr beginnt dieser beim Schulhaus und bewegt sich, angeführt durch eine «Guggemusig», langsam Richtung Stedtli. Einzelmasken, Gruppen von Kindern und Erwachsenen und umgebaute Wagen mit diversen Sujets ziehen los. Entlang der Aarbergstrasse und im Stedtli zäumen unzählige Schaulustige die Trottoirs und Parkplätzen. Sie sind gespannt und «gwunderig», was dieses Jahr alles unterwegs ist. Unzählige unter ihnen wissen, dass auch der «Bürenöijohr-Umzug-Stier» auf den Beinen ist. Dies war in den letzten 20ig Jahren eine Imitation eines schwarzen, spanischen Torros. Getragen von zwei «Fasnächtler» rannte er umher in Richtung Zuschauer. Sein Lieblingsziel waren Kinder jeden Alters. Seine Absicht war
es, ihnen und ihrer Begleitung einen fürchterlichen Schrecken einzujagen. Dies ist kaum verwunderlich, denn mit seinem überdimensionalen Kopf und den riesigen Hörnern kommt auch der Stärkste bei diesem Anblick ins Wanken.
Doch die Zeit bleibt nicht stehen. Ich, als einer der beiden Stierenträger, vernahm ein paar wochen vor dem Umzug, dass der alte, schwarze Torro in Pension gehen werde. Er werde von einem jungen aus Zürich stammenden, goldigen Stier ersetzt, wurde mir mitgeteilt. Der Zürcher Stier habe einige Vorteile gegenüber dem Alten. Er sei leichter (was ich nach dem Umzug nur bestätigen konnte), es brauche nur eine Person um ihn zu bewegen und er sei goldig und schön. Leider hatte er schon zu Beginn des Umzuges einen kleinen Fehler. Sein linkes Horn war entzwei gebrochen und hing nur noch am ihm stützenden Draht. Na, halb so schlimm, dachte ich. Hinein in den Stier und auf in den Kampf!
– Oh, was ist das? Das Kostüm engt! Sein Innenleben, das Drahtgestell ist etwas zu eng gebaut für seinen Träger. Ein weiterer Fehler, der behoben werden kann. «Trotzdem, auf in den Kampf»!
Die Leute im Stedtli starren auf den goldenen Stier. Da er kurz nach dem Hals eine Erhöhung hat, wie die Zebus in Indien, in welcher der Träger seinen Kopf hineinsteckt, hat dieser einen besseren Überblick und erkennt die Reaktionen der Zuschauer.
– Aber was ist los? Sind die Angegriffenen erstaunt über das Erscheinungsbild 2000 des Stiers? Sie reagieren kaum und einige lachen sogar gerade heraus. Nach der zweiten Runde im Stedtli erkenne ich doch noch einige Kinder, die beim Anblick des Stieres einen kleinen Schrecken kriegen.
– Ist nun der Zweck des Stieres erfüllt?
Das ist hier die Frage. Zur Antwort kann ich nur folgendes sagen:
«Die Tradition vom Stier am Umzug des «Bürenöijohr» ist erhalten geblieben, doch die Mutation des schwarzen, spanischen Torros zum goldenen Zebu hat die Umzugsbesucher kaum erschreckt, eher belustigt, finde ich».
Auf das der Stier sein Ziel im neuen Jahrtausend weiterhin erfüllt!
Mit fasnächtlichen Grüssen